Hannover, 18.07.2023
Im letzten Beitrag habe ich mich mit dem Thema Remote Engagement beschäftigt und bin den Fragen nachgegangen, welche Chancen dieser Kanal bietet, welche Technologien hierzu verwendet werden können, und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit der Kanal auch nach Covid-19 genutzt wird.
In diesem Artikel gehe ich einen Schritt weiter und betrachte einen weiteren Kanal, die sogenannten Rep Triggered E-Mails. Ich werde beschreiben, welche Ansätze es für diesen Kanal in der Pharma Industrie gibt, welche Tools in Gebrauch sind und welche Daten auf diese Weise gewonnen werden können.
Schließlich werden wir auch sehen, welche Rolle diese Kundendaten bei der Bewertung des Customer Engagements spielen.
Rep triggered E-Mail – was ist das?
Rep Triggered E-Mail, oder kurz RTE, steht in der Pharma Industrie für E-Mails, die, wie es der Name erahnen lässt, vom Außendienstmitarbeiter oder auch MSL an den HCP versendet werden.
Dies geschieht nicht mit Hilfe von Microsoft Outlook, sondern entweder aus dem CRM–System heraus, wie Veeva CRM oder IQVIA’s OCE oder mit Hilfe einer externen Lösung, die meistens in Form einer App mit dem CRM-System oder einer anderen Lösung, die den Consent verwaltet, Daten austauscht. RTE bieten dabei mehrere Vorteile:
beim Verfassen einer RTE bedient sich der Rep einer standardisierten Vorlage, die entweder komplett fertig und sofort versandbereit ist oder durch den Endanwender mithilfe von Fragmenten oder Bausteinen mit den entsprechenden Inhalten versehen werden kann. Die Inhalte werden aus einer entsprechenden Bibliothek ausgewählt und erlauben Antworten auf Fragen des Customers, unterstreichen die Argumentation des Life–Science–Unternehmens zu den typischen Fragen (die z.B. Produkte und Behandlungsansätze betreffen) oder enthalten Hinweise zu interessanten Veranstaltungen.
Sowohl die Vorlagen als auch die Fragmente werden in der Regel vom Marketing im Vorfeld erstellt und dem Rep zugewiesen, nachdem sie seitens Legal, Medical und Regulatory, kurz LMR, genehmigt worden sind. Auf diese Weise kann das Life Science Unternehmen sicherstellen, dass dem Kunden keine Informationen geschickt werden, die veraltet, falsch oder gar uncompliant geworden sind.
RTE erlauben es einem Life–Sciences–Unternehmen auszuwerten, ob die E-Mail vom Kunden geöffnet worden ist und ob er dabei auf einen oder mehrere Links geklickt hat. Bei einer mit Microsoft Outlook versandten E-Mail ist es in der Regel nicht möglich, zu erfassen, ob die E-Mail gelesen wurde. Bei diesen wurden in der Regel auch keine Links verschickt, sondern entsprechende Dokumente, bei denen wiederum nicht erkennbar ist, ob der HCP sie jemals geöffnet hat.
der Versand einer RTE aus dem CRM-System heraus oder mittels einer externen App wie z.B. Pitcher Impact kann nur erfolgen, wenn dem Life–Sciences–Unternehmen für den Kunden Consent für den Kanal E-Mail vorliegt, also die Genehmigung des Kunden, seine E-Mail-Adresse zu Werbezwecken nutzen zu dürfen. Liegt diese noch nicht vor oder wurde widerrufen, so wird der Versand technisch blockiert. Somit stellt das Life Sciences Unternehmen sicher, dass es nicht zu Datenschutzverstößen kommt.
der Versand der RTE wird automatisch als entsprechender Kundenkontakt im CRM-System dokumentiert. Eine zusätzliche administrative Tätigkeit des Reps ist nicht notwendig. Im jeweiligen Kundenprofil werden die RTE abgebildet, aber auch Zusatzinformationen wie die Zeit der erstmaligen Öffnung der RTE, Öffnungsrate, Klickraten auf integrierte Links und ggf. Verweildauer auf den zugehörigen Websites.
der Rep kann die RTE-Vorlage grundsätzlich auch bzgl. der Ansprache des Kunden, der Formulierung des Textes und der Auswahl der Begrüßungsart frei gestalten, nicht nur in Bezug auf die Auswahl der Inhalte. Hiermit erhält der Kunde eine personalisierte E-Mail. Auf diese Weise erlaubt das Life-Sciences-Unternehmen dem Rep eine individualisierte Form der Kundenbetreuung bei gleichzeitiger Wahrung der Compliance-Vorgaben und Datenschutzbestimmungen, sowie die Sicherstellung der Richtigkeit von medizinischen Informationen.
Welche Hürden müssen bei der Einführung bzw. zur Verwendung des Kanals Rep Triggered E-Mail genommen werden?
Um RTE erfolgreich als Kanal im Life–Sciences–Unternehmen einführen und verwenden zu können, müssen einige Voraussetzungen erfüllt werden:
den Kanal RTE einfach nur zu den bestehenden Kanälen hinzuzufügen greift zu kurz. Vielmehr wird eine Strategie benötigt, mit deren Hilfe RTE sinnvoll und hilfreich eingebunden werden können, um alle verfügbaren Kanäle zumindest als Teil eines Multichannel-Ansatzes verstehen zu können. Im besten Fall werden RTE sogar schon als Teil einer Cross-Channel-Strategie genutzt oder auf dem Weg der Implementierung einer Omnichannel-Strategie zur Verfügung gestellt. Das Kernelement ist hierbei, dass eine Verwendung des Kanals RTE in abgestimmter Form mit den weiteren Kanälen zulässig ist.
Mit der Entwicklung einer entsprechenden Strategie geht auch einher, welche Ziele mit diesem Kanal erreicht werden sollen, sowie eine Beschreibung der Schritte, um diese Ziele zu erlangen.
Life–Sciences–Unternehmen müssen sich von den HCP schriftlich bestätigen lassen, dass sie an ihre Kunden werbliche E-Mails versenden dürfen. Das Einholen dieser Einverständniserklärung, des Opt-Ins (auch als Consent-Erfassung bezeichnet), muss datenschutzkonform sein.
Ob man sich dabei eines Double-Opt-In-Prozesses bedient (bei dem der HCP eine initiale E-Mail erhält, die dieser zunächst bestätigen muss, bevor die Inhalte versendet werden können), oder eines Single-Opt-In-Verfahrens (bei dem der Kunde bereits bei der Erfassung der E-Mail-Adresse sein Einverständnis mittels Unterschrift auf dem Tablet gibt), ist unerheblich.
In beiden Fällen hat das Life–Sciences–Unternehmen die E-Mail-Adresse erhalten, sowie die Einverständniserklärung, dass diese Adresse genutzt werden darf. Das System mit dem die RTE verschickt werden, muss auf jeden Fall sicherstellen, dass Ärzten, Apothekern und Angehörigen der Fachkreise, für die noch kein Consent vorliegt oder zurückgezogen wurde, keine E-Mail zugeht.
bei der Einführung des Kanals Rep Triggered E-Mail muss auf jeden Fall gewährleistet sein, dass ausreichend E-Mail-Vorlagen vorhanden sind, sowie neue Vorlagen regelmäßig ergänzt bzw. aktualisiert werden.
Falls den Reps das Material ausgeht oder sie ihren Kunden eine Vorlage mehrmals schicken müssen, so leidet nicht nur die Akzeptanz für den Kanal RTE innerhalb des Life–Sciences–Unternehmens. Vielmehr läuft das Life–Sciences–Unternehmen Gefahr, dass Kunden das Interesse an Informationen verlieren, die über diesen Weg vermittelt werden. Dies kann dazu führen, dass Kunden ihr Einverständnis widerrufen oder sich sogar ganz von dem Unternehmen abwenden.
damit der HCP den Eindruck erhält, er bekäme eine personalisierte, auf seine Bedürfnisse zugeschnittene E-Mail, sollten die E-Mail-Vorlagen editierbar sein. Neben einer frei formulierbaren Einleitung und dem individuell gestaltbaren Abschluss der E-Mail, sollten vor allem die eigentlichen Inhalte auf der Grundlage einer produktbezogenen Bibliothek durch den Rep auswählbar sein. Diese Bausteine, Fragmente oder Elemente bestehen aus einer Überschrift, einem einleitenden Kurztext sowie – als Kernbestandteil – aus einem Link zu einer Website, auf der dann der eigentliche Content zu sehen ist.
Werden den Reps solche Vorlagen nicht zur Verfügung gestellt, so läuft das Life-Sciences-Unternehmen wiederum Gefahr, dass zum einen die Akzeptanz im Unternehmen verloren geht, zum anderen aber auch der Eindruck beim HCP entsteht, dass die gesendete E-Mail nicht an ihn persönlich gerichtet, sondern ein Teil der Marketing-Kampagne ist. Wenngleich eine Mengenbeschränkung bei der Auswahl dieser Elemente innerhalb einer RTE sinnvoll sein kann, sollten solche Eingriffe in die Kreativität des Reps sparsam und nur dort eingesetzt werden, wo es notwendig ist.
insbesondere im deutschsprachigen Raum stehen viele Life-Sciences-Unternehmen vor der Herausforderung, sicherzustellen, dass die Anrede des Kunden den gängigen Gewohnheiten entspricht. Anders sieht es bei den globalen Rollouts aus: bei globalen Rollouts des Kanals RTE werden die Besonderheiten der jeweiligen Sprachen häufig nur oberflächlich berücksichtigt. Das liegt daran, dass Projekte dieser Art regelmäßig vom US-amerikanischen Raum gesteuert werden und den Verantwortlichen die Komplexität dieses Themas oftmals nicht bewusst ist.
Die RTE-Vorlagen erhalten die für die Anrede notwendigen Informationen in der Regel aus dem Kundenprofil, wobei das hinterlegte Geschlecht für die gewählte Anrede ausschlaggebend ist. Hinzu kommt, dass im internationalen Umfeld der Titel des Kunden, im Vergleich zum deutschsprachigen Raum, häufig weniger Relevanz hat. Während im englischsprachigen Raum ein „Dear Mrs.“ oder „Dear Mr.“ in der Regel ausreichend ist, muss es im DACH-Raum möglich sein, alle Titel eines Kunden, miteinzubinden.
Kunden, die beim Öffnen einer RTE nicht die gewohnte Anrede in Form von „Sehr geehrte Frau Professorin Dr. Dr. med. h.c.“ oder „Sehr geehrter Herr Priv.-Doz.“ sehen, reagieren häufig empfindlich bis ungehalten. Zugleich soll auch als Gegenpol möglich sein, einen Kunden, den man lange kennt, informell ansprechen zu können.
Dieses Dilemma kann gelöst werden, wenn für alle Sprachen, eine Erweiterung des Kundenprofils um ein Feld für die Briefanrede in Betracht gezogen wird. Somit kann der kundenbetreuende Rep in diesem Feld die gewünschte vollständige Anrede hinterlegen, sodass sich die RTE-Vorlage die notwendige Information ziehen kann.
Diese Anpassung kann sicherlich als optional betrachtet werden, allerdings erhöht sie die Akzeptanz innerhalb des Unternehmens um ein Vielfaches und erzeugt beim HCP den Eindruck von Professionalität und Wertschätzung den Kunden gegenüber. Schließlich können mit dieser Lösung auch sog. Bulk-E-Mails erzeugt und in einem einzigen Arbeitsschritt an mehrere Kunden verschickt werden.
insbesondere, wenn für die Nutzung des Kanals RTE verschiedene Lösungen z.B. zur Content-Erfassung, zum Versand der RTE und zur Auswertung der Ergebnisse verwendet werden, ist es unumgänglich, dass die Endanwender ausreichend geschult werden.
Neben der Bedienung der Tools ist vor allem notwendig, dass die Mitarbeiter des Life–Sciences–Unternehmens verstehen, wie der Kanal in eine entsprechende Channel-Strategie eingebunden werden kann. Nur dann wird ein Rep in der Lage sein, sinnvolle und hilfreiche Entscheidungen bei der Wahl des richtigen Kanals zu treffen.
die Wahl des Kanals RTE durch den Rep als Teil einer Multichannel-Strategie, die Auswahl des Kunden und der RTE–Vorlage, die individuelle Ausgestaltung der RTE und die anschließende Auswertung des Nutzungsverhaltens durch den Kunden ist eine Tätigkeit, die als gleichwertig zu anderen Kanälen wie F2F-Kontakte oder Remote-Meetings betrachtet werden sollte.
Ist dies nicht der Fall und sind diese E-Mails nichts wert oder z.B. nur im Verhältnis 3:1 (wobei drei RTE das Äquivalent zu einem F2F-Kontakt bilden), so werden Reps nur schwerlich zu motivieren sein, den HCP auf diesem Weg wichtige Informationen oder Antworten auf ihre Fragenzu liefern. Bereits die Erfassung des notwendigen Consents würde in einem solchen Szenario nur sehr langsam vorankommen.
Insbesondere durch die Covid19-Pandemie haben viele Life-Sciences-Unternehmen eine Tür geöffnet, die sich nur schwer wieder schließen lässt. Damit Kontakte zu Ärzten überhaupt stattfinden konnten, wurden E-Mails des Außendienstes mit Microsoft Outlook regelmäßig nicht nur erlaubt, sondern sogar als gleichwertig zu RTE und anderen Kontaktformen akzeptiert.
Die Folge war, dass es zu einem regen E-Mail-Verkehr zwischen HCP und den Reps gekommen ist. Zugleich wurde der Außendienst aufgefordert die entsprechenden Kontakte im CRM-System zu dokumentieren und für den Kanal „E-Mail“ zu kennzeichnen.
Allerdings blieb der eigentliche Inhalt der Konversation dabei oft auf der Strecke. Microsoft Outlook E-Mails zwischen Außendienstmitarbeitern und den Kunden hat es immer gegeben. Solange diese aber nicht gewertet wurden, sondern nur die RTE, hatte der Rep wenig Veranlassung diesen Kanal viel zu nutzen. Nun vergegenwärtigen Life-Sciences-Unternehmen aber die Situation, dass sich beide Seiten, Rep und HCP, an diesen unkomplizierten Austausch gewöhnt haben. Es erfordert klare Kommunikation und konsequente Maßnahmen, um dem Rep zu verdeutlichen, dass das Festhalten an Outlook-E-Mails nicht hilfreich ist und das Risiko beinhaltet Compliance-Verstöße zu begehen.
Weiterhin ist wichtig, die Wertigkeit solcher E-Mails zu verringern, wobei der Betriebsrat einbezogen werden sollte. Der Rep kann technisch gesehen weiterhin Outlook-E-Mails versenden, jedoch wird die Motivation, sie zu nutzen, schnell sinken, wenn diese Kontakte nicht mehr als E-Mail-Kontakte gewertet werden. Für den Kunden ändert sich nichts. Er kann wie gewohnt über Outlook kommunizieren, sei es als Reaktion auf eine RTE oder als direkte Ansprache beim Außendienstmitarbeiter oder MSL im Falle von Fragen.
Welche Daten und Erkenntnisse lassen sich aus der Verwendung von RTE gewinnen?
Wie unter den Vorteilen von Rep Triggered Emails bereits erwähnt, liefert die Verwendung dieses Kanals viele wertvolle Daten. Wenn das Life-Sciences-Unternehmen einmal die Einwilligung des HCP zur Verwendung seiner E-Mail-Adresse erhalten hat, kann dies für die Gestaltung vieler Touchpoints genutzt werden. Im Gegensatz zu Kanälen, die hauptsächlich dazu dienen, Informationen in Richtung der Kunden zu pushen, wie z.B. F2F-Kontakte oder die Unternehmenswebsite, ermöglicht der RTE-Kanal eine ausgewogene Nutzung. Dieser Kanal dient dem HCP einerseits dazu, Auskünfte nach dem PULL-Prinzip selbst einzuholen, während das Unternehmen andererseits auch Informationen bereitstellen kann.
Mit RTE kann der Arzt einerseits mit wichtigen und aktuellen Fakten zu Produkten oder anderen Themen, wie medizinischen Veranstaltungen, versorgt werden. Will der HCP seinerseits Informationen erhalten, so kann er sich aktiv beim Außendienstmitarbeiter oder MSL nach diesen erkundigen. Gerade die flexible Einsetzbarkeit dieses Kanals macht ihn so wertvoll und wichtig.
Die gewonnenen Daten in Form von Öffnungs- und Klickraten, Zeitpunkte der Öffnungen, Verweildauern auf Webseiten sowie, neuerdings die Weiterleitung der RTE an andere HCP – all das sind Daten, die einen tiefen Einblick in die Interessen der Kunden erlauben. Damit lassen sich nicht nur Rückschlüsse auf den jeweiligen Kunden bilden, sondern auch darüber mit wem dieser ggf. vernetzt ist.
Besitzt das Life-Sciences-Unternehmen auch für den HCP, an den eine RTE weitergeleitet wurde, den Consent oder meldet sich dieser beim Klick auf der entsprechenden Website an, so wird erkennbar, wer sich mit wem über wichtige Themen austauscht.
Diese Einsichten sind für die Ausgestaltung der jeweiligen Customer Journeys immens wichtig.
Fazit
Wir haben gesehen, was Rep Triggered Emails sind, was für die Verwendung dieses Kanals berücksichtigt werden sollte, welche wichtigen Erkenntnisse über die Kunden eines Life-Sciences-Unternehmens gewonnen werden können, sowie warum dieser Kanal von großer Bedeutung ist.
Das Ergebnis ist unabhängig davon, ob die fraglichen Daten über eine Lösung erhoben werden, die den Prozess vollständig abbildet, oder ob dies über zwei oder sogar drei verschiedene Systeme geschieht. Wichtig ist nur, dass die Daten sinnvoll integriert und miteinander in Bezug gesetzt werden und somit überhaupt eine Analyse und Bewertung ermöglichen. Nur dann kann dieser Kanal seinen Beitrag zum Customer Engagement leisten.
In einem der nächsten Artikel werden wir den Prozess des Events Managements unter die Lupe nehmen und dabei der Frage nachgehen, wie die dabei gewonnenen Erkenntnisse integriert werden können, um das Bild des Kunden zu ergänzen.
Wie ist es bei Ihnen im Unternehmen? Nutzen Sie Rep Triggered Emails? Ist der Kanal im CRM-System integriert oder verwenden Sie externe Lösungen? Haben Sie dieselben Herausforderungen auch erlebt?
Kommen Sie gerne auf mich zu, um sich mit mir auszutauschen. Ich freue mich drauf.