Hannover, 04.04.2023

 
Im vorhergehenden Beitrag habe ich dargestellt welche Datenarten und Datenquellen in Bezug auf Kundeninformationen in Life Sciences Unternehmen in der Regel zur Verfügung stehen. In diesem Beitrag möchte ich daran anknüpfend der Frage nachgehen, welche Informationen helfen, dass Engagement eines HCPs zu beurteilen und was ich als Life Sciences Unternehmen tun kann, um dieses zu verbessern oder zu erhalten.

Fallen Sie beim HCP positiv auf: Richtig statt viel kommunizieren

Versetzen wir uns einmal in die Perspektive eines HCP. Ich als HCP habe Pharma Unternehmen die Einwilligung (Opt-in) zum Empfang digitaler Kommunikation erteilt. Das bedeutet, ich erhalte E-Mails durch den vertrieblichen oder medizinischen Außendienst, bin im Verteiler von E-Mailing-Kampagnen der Marketingabteilung, erhalte Produktinformationen und Anfragen für Remote Calls sowie Online-Events und werde auf die Unternehmenswebsite und soziale Medien des Unternehmens geleitet. Das klingt im ersten Moment nicht nach viel, vervielfacht sich jedoch sehr schnell zu einer großen digitalen Werbeflut, da nicht nur ein Pharma Unternehmen, sondern viele Pharma Unternehmen regelmäßig an mich herantreten. Dieser Informationsflut im stressigen Berufsalltag Herr zu werden ist unmöglich.
Was mache ich als HCP also mit meiner begrenzten Zeit? Ich wähle das Unternehmen aus, welches mir zum einen die beste Qualität an Informationen zur Verfügung stellt und zum anderen aber auch nur jene Informationen, die mich wirklich interessieren. Als Kunde möchte ich Wert geschätzt werden und dieses Empfinden bekomme ich dann, wenn mir eben nicht pauschal alles gesandt wird, was an Kommunikationsmaterialien verfügbar ist, sondern nur das, wonach ich frage bzw. mich interessiert. Wenn es für mich als HCP richtig gut läuft, bekomme ich dann ergänzend noch die Informationen, von denen ich heute noch nicht weiß, dass ich sie benötige, wo ich jedoch beim Erhalt sofort erkenne, dass ich sie brauchen werde. Damit das funktionieren kann, muss sichergestellt werden, dass das Pharma Unternehmen mir die richtigen Fragen stellt und dass mein Ansprechpartner auch wirklich zuhört, also aus meinen Antworten und Reaktionen die richtigen Schlüsse zieht und dann entsprechende Maßnahmen einleitet.

Entsprechende Marktforschungsdaten und -analysen wie der Veeva Pulse Report vom 15.11.2022 bestätigen, dass HCPs in der Regel nur zu wenigen Pharma Unternehmen intensiven Kontakt haben, also eine Bindung verspüren. Dies kann nur auf eine gelungenes Customer Experience zurückgeführt werden. Pharma Unternehmen, die die Qualität ihrer Arbeit immer noch danach bemessen, wie viele Kontakte ein Sales Rep pro Tag hatte, die also auf die Quantität und weniger auf die Qualität der Inhalte setzen, geraten dabei unweigerlich ins Hintertreffen.

Wie wir schon festgestellt haben, ist das Stellen der richtigen Fragen essenziell für das Customer Engagement, da ich als Pharma Unternehmen nur so die richtigen Daten erhalte, die mir helfen wichtige Entscheidungen zu treffen. Darüber hinaus ist aber mindestens genauso wichtig, dass die Erkenntnisse, die ich z.B. als Sales Rep direkt vom HCP erhalte, oder die ich aus den Daten gewinne, auch festhalte.

Das Dokumentieren entsprechender Insights ist für viele Pharma Unternehmen eine große Herausforderung. Zum einen müssen der vertriebliche wie medizinische Außendienst bereit sein, über einen Insight berichten zu wollen, also beschreiben was einen HCP aktuell beschäftigt oder was dieser bei Kolleg:innen beobachtet hat. Auch sind Problemstellungen mit denen ein HCP zu tun hat von großer Bedeutung. Zum anderen muss im Anschluss an die Dokumentation eines Insights aber auch eine ggf. teamübergreifende Auseinandersetzung mit dem gewonnenen Wissen und dem HCP als Quelle stattfinden.

Nur so können die richtigen Schlüsse gezogen und infolgedessen Aktivitäten abgestimmt und umgesetzt werden, die beim HCP das erwähnte Gefühl der Wertschätzung hervorrufen und zu einer Bindung führen.

Daten zur Beurteilung des Customer Engagements

Kommen wir nun zu den Daten, mit welchen Sie das Customer Engagement sichtbar machen können. Wo fange ich also an und welche Daten lassen entsprechende Rückschlüsse zu? Ein wichtiger Bestandteil sind die dem Sales Rep oder MSL direkt gegenüber geäußerten Aussagen des HCP und seine Handlungen. Zu Folien einer CLM-Präsentation geäußertes Feedback, gestellte Fragen zu den Key Messages des pharmazeutischen Außendienstes und geführte Diskussionen zu konkreten Aussagen das Produkt betreffend, bieten wichtige Rückschlüsse auf das Customer Engagement.
Aber sogar die Ablehnung des Mediums CLM durch einen HCP sind wertvolle Informationen, wenn ich es als Sales Rep nicht hierbei belasse, sondern in Erfahrung bringe, welchen Kanal der HCP stattdessen bevorzugt, um ihm wichtige Informationen zukommen zu lassen und ich anschließend genau diesen Weg einschlage und einhalte. Damit ein Außendienstmitarbeiter so flexibel agieren und reagieren kann, ist es unverzichtbar, dass ihm das Pharma Unternehmen nicht nur den notwendigen Content zur Verfügung stellt und ihn im Umgang damit schult, sondern auch das Vertrauen entgegenbringt, dass er als Kundenbetreuer das Richtige tut .

Zudem kommen vor allem folgende Daten in Betracht:

  • Informationen in Bezug auf das Öffnen von zugestellten E-Mails,
  • evtl. mehrfaches Klicken auf Links in diesen E-Mails,
  • die erfassten Antworten in Befragungen,
  • die Anmeldung auf firmeneigenen Websites per Login inkl. der Verweildauer auf diesen sowie
  • Informationen darüber, ob sich ein HCP ein Video auf einer Website bis zum Ende angeschaut hat.

Customer Engagement sichtbar machen

Sind sowohl aussagekräftige Daten das Customer Engagement eines HCP betreffend wie auch in Bezug auf ihn erfasste Insights vorhanden, können Sie zur Kür übergehen und beurteilen wie engagiert ein Kunde ist.

  • Eine Option kann sein, bestimmte Attribute oder Merkmale am Kundenprofil in Veeva CRM zu hinterlegen, denen entnommen werden kann, dass der Kunde eine Bindung zum eigenen Unternehmen verspürt. Allerdings greift ein solcher Ansatz meiner Meinung nach zu kurz.
    Es stimmt zwar, dass ich dann Informationen über entsprechend „gekennzeichnete“ HCPs sammeln, auswerten und für weitere Aktivitäten nutzen kann, allerdings wird der Weg dahin, also der Lernprozess, den das Life Sciences Unternehmen im Allgemeinen und die unmittelbaren Ansprechpartner des HCP im Besonderen durchlaufen haben, dabei vollkommen außer Acht gelassen. Was genau hat denn dazu geführt, dass ein HCP das Attribut „engagiert“ verliehen bekommt? Welche Fragen wurden gestellt, welche Reaktionen erfasst und analysiert und welche Maßnahmen daraus abgeleitet, damit „wir“ wissen können, dass der HCP ein Befürworter meines Produkts ist und sogar als Meinungsbildner versucht, weitere HCPs von der Richtigkeit seiner Meinung zu überzeugen?
  • Eine Alternative ist, sich die Customer Journey mit ihren 5 Phasen in Bezug auf jeden HCP anzusehen und diese z.B. am Kundenprofil abzubilden. Bei diesem Ansatz habe ich zum einen die Information, dass der Kunde eine Bindung zum Life Sciences Unternehmen verspürt, zum anderen könnte ich als Sales Rep aber auch aus der jeweiligen Entwicklung heraus analysieren, was zu diesem Resultat geführt hat und welchen Anteil ich daran hatte. Dem Life Sciences Unternehmen bietet sich mit einem solchen kombinierten Ansatz die Möglichkeit, Customer Journeys aller fraglichen HCPs nebeneinander zu legen und zu analysieren, wo die Verläufe vergleichbar waren, wo sie sich aber auch sehr unterscheiden und daraus Empfehlungen abzuleiten, die für unterschiedliche Kundencluster genutzt werden können.
  • Schließlich kommt auch ein kombinierter Ansatz in Frage, der zum einen das Merkmal „Kunde ist engagiert“ am Kundenprofil hinterlegt und der zudem erkennen lässt, welche Stationen der Kunde auf seiner Customer Journey erreicht hat. Um die Qualität der Touchpoints zu bewerten, bietet es sich an, das Feedback des Kunden in Bezug auf das Erlebte in diese Überlegungen mit einzubeziehen, ihn also zu seiner Customer Experience zu befragen. Eine sehr gute Möglichkeit dies zu tun, ist die Verwendung des Net Promotor Scores NPS. Dabei wird dem HCP nur eine einzige Frage gestellt. Diese könnte lauten: „Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie unser Produkt / unser Life Sciences Unternehmen einem weiteren HCP weiterempfehlen?“ Der Kunde hat für die Beantwortung eine Skala von 0 – 10 zur Verfügung, wobei 0 bedeutet, dass eine Weiterempfehlung ausgeschlossen ist, während die 10 eine 100%ige Wahrscheinlichkeit darstellt, dass es zur Weiterempfehlung kommt. Zur Auswertung der so gewonnenen Antworten wird die folgende Einordnung zugrunde gelegt:Net Promotor ScoreDer Net Promotor Score wird berechnet, indem von dem prozentualen Anteil der Promotoren von allen Feedbacks der Kunden der prozentuale Anteil der Defraktoren abgezogen wird. Auf diese Weise kann der NPS zwischen -100 und +100 liegen. Das Feedback auf die oben erwähnte Frage direkt im Kundenprofil abzubilden, ist somit eine sehr hilfreiche Kennzahl. Aus ihr lässt sich nicht nur ablesen, ob und wie stark sich ein Kunde an das Life Sciences Unternehmen gebunden fühlt, sondern es lassen sich auch Aktivitäten ableiten, um Defraktoren und Passive zu Promotoren zu entwickeln, bzw. um Promotoren als solche zu erhalten.

In weiteren Artikeln werden wir diese Gedanken wieder aufgreifen und sie zum einen bei dem Customer Journey Ansatz eines Life Science Unternehmens berücksichtigen, zum anderen aber auch beim Thema Next Best Action, da auf Grund der Menge an Daten ein Einsatz von künstlicher Intelligenz sinnvoll und hilfreich ist. Zunächst aber betrachten wir, welche Customer Engagement Daten bereits im CRM System wie z.B. Veeva CRM vorhanden sind.

 

Über  mich
Hallo, ich bin Alexander Fiedler. Als Customer Engagement-Experte habe ich über die vergangenen 22 Jahre vielfältige Erfahrungen im Bereich Customer-Relationship-Management und Customer Engagement in der Life Sciences Branche gesammelt. Ich freue mich darauf, Ihnen in einem persönlichen Gespräch einen Einblick zu geben, wie Sie zukünftig Engagement Erfolge erzielen können.

 

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