Hannover, 06.03.2023

 

In der vergangenen Woche hat sich mein Kollege Marcos Garcia Villas mit dem Thema beschäftigt , welche Fragen Sie sich als Life Sciences Unternehmen sinnvollerweise in Bezug auf Kunden stellen sollten, um für das Customer Engagement relevante Daten zu erhalten und Maßnahmen hieraus abzuleiten. Daran anknüpfend möchte ich diesen Artikel deshalb den drei folgenden Fragen widmen: „Welche Arten von Kundendaten gibt es?“, „In welchen Systemen werden diese Daten erfasst und abgebildet?“ und „Wie können die Daten zur Auswertung vorbereitet werden?“
Denn das Wissen allein, welche Fragen ich in Bezug auf Kunden stellen sollte, führt mich nicht ans Ziel. Es ist wichtig, die den Fragen zugehörigen Antworten in den Kundendaten ausfindig zu machen und die Kundendaten zu verknüpfen, um daraus relevante Aussagen für Maßnahmen ableiten zu können. Dabei helfen Ihnen die nachfolgenden Überlegungen:

Welche Arten von Daten zu HCPs gibt es bereits in Ihrem Unternehmen?

Daten sind nicht gleich Daten. Für das Gewinnen von Insights und daraus abzuleitenden Maßnahmen ist es wichtig, die Daten zu klassifizieren und zu strukturieren. Grundsätzlich lassen sich 5 verschiedene Datenarten unterscheiden, die ich im Folgenden kurz beschreiben möchte:

Zu den demografischen Daten gehören im Life Sciences Umfeld das Alter, Geschlecht, Titel, HCP-Typ, Anstellungsverhältnis bzw. Rolle in der HCO, 1. und 2. Fachrichtung, Sprache sowie in einigen Märkten auch die Religion, Zugehörigkeit zu einer Ethnie und Staatsangehörigkeit. Demografische Daten bilden in der Regel die Grundlage für die weitere Segmentierung der Kunden. Die Daten liegen sowohl für HCPs wie HCOs entweder bereits historisch vor und werden inhouse verwaltet oder, was überwiegend der Fall ist, sie werden über einen externen Datenprovider eingekauft bzw. gemietet.

Zum einen fallen hierunter alle Daten, die im Zusammenhang mit Aktivitäten erfasst wurden, also z.B. über welche Kanäle wie oft und in welcher Frequenz ein Unternehmen mit dem Kunden interagiert hat. Zum anderen zählen hierzu aber auch die Daten, die Aufschluss geben über seine Präferenzen. Dazu gehören die Präferenzen in Bezug auf die Art der Kanäle, mittels derer Kontakte erfolgen. Interessant sind aber auch die Präferenzen bezüglich der eigenen Produkte, wie also sein Verordnungsverhalten ist und ob er loyal gegenüber dem Life Sciences Unternehmen ist. Bei Apotheken und weiteren HCOs, die Direkteinkäufe tätigen, kommen natürlich noch diese Daten hinzu:

  • Was wurde gekauft?
  • Wie viel wurde gekauft?
  • Wann wurde gekauft?
  • Wie häufig wird gekauft? Etc.

Insbesondere die Aktivitätsdaten sind in der Regel bereits über Jahre hinweg erfasst worden. Diese Daten geben Aufschluss über Trends innerhalb der Kundengruppe, was einzelne Kanäle betrifft, tradierte wie neue, und ob Kunden auch pandemiebedingt weniger zugänglich sind und z.B. als Terminarzt gekennzeichnet wurden.

Bei diesen Daten geht es grundsätzlich darum wo der HCP tätig ist. Da Kunden durchaus auch in mehreren Institutionen aktiv sind, informieren diese Daten über Bewegungen der HCPs, aber auch darüber, wann sie in den jeweiligen HCO angetroffen werden können. Schließlich geben sie auch über Positions- und Arbeitsplatzwechsel bzw. Neuanstellungen in einzelnen HCOs Auskunft.

Im Vergleich zu anderen Branchen sind technografische Daten, die über HCPs erfasst wurden, auf den ersten Blick vielleicht weniger relevant. So beschreiben sie lediglich mit welchen Geräten, Betriebssystemen und Browsern Kunden auf Inhalte einzelner Kanäle wie E-Mail, Videokonferenzen, Websites oder Onlineveranstaltungen zugegriffen haben. Dennoch sind die Informationen insbesondere für das Marketing aufschlussreich, um ein Gefühl dafür zu bekommen, ob z.B. CLM-Präsentationen oder Webseitenauftritte gut beim Kunden ankommen, unabhängig vom verwendeten Browser oder der gewählten Bildschirmauflösung. Auch informieren sie über die digitale Affinität des HCP.

Diese Daten erlauben Einblicke darin, welche Neigungen, Meinungen, Interessen und Prioritäten ein HCP hat. Sie stellen einerseits sicherlich den Kunden am weitesten in den Mittelpunkt, da sie Einschätzungen darüber erlauben, auf welche Weise ein Kunde angesprochen werden möchte. Auf ihrer Grundlage kann eingeschätzt werden, ob der Kunde eher ein familiärer, wissenschaftlicher oder z.B. wirtschaftlich denkender Typ ist. Auf der anderen Seite sind es aber auch die komplexesten Daten, die gesammelt und nur mit entsprechendem Aufwand erhoben werden können.

Nachdem wir nun wissen, welche Arten von Daten es zu HCPs und HCOs geben kann, wollen wir uns nun im 2. Teil dieses Beitrags mit der Frage beschäftigen, wo diese Daten abgebildet und erfasst werden.

In welchen Systemen werden Kundendaten erfasst?

Nicht alle genannten Daten werden nur mit einem System erfasst. Die Liste an Tools, mit Hilfe derer Daten erfasst werden, kann überschaubar sein, aber auch endlos. Die folgende Aufzählung an Systemen, mit denen Daten über HCPs und HCOs in Life Sciences Unternehmen üblicherweise erfasst werden, erhebt also keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern bildet nur die wichtigsten und gängigsten Lösungen ab:

CRM System

Ob ein Life Sciences Unternehmen nun Veeva CRM, OCE von IQVIA, salesforce oder ein anderes System als Customer Relationship Management Lösung einsetzt, soll hier nicht weiter thematisiert werden. Sämtlichen CRM-Systemen ist gemein, dass sie dazu dienen alle Aktivitäten der Personen eines Life Science Unternehmens, die Kontakte mit HCPs und HCOs haben, zu erfassen, um so einen wichtigen Beitrag zur sogenannten 360° Sicht auf den Kunden zu leisten. In diesem Zusammenhang wird auch von Customer Centricity gesprochen. Alle Kanäle, derer sich z.B. ein Sales Rep bedient, um HCPs zu kontaktieren, lassen sich in modernen CRM-Lösungen abbilden. Kanäle wie:

  • Besuche, f2f-Kontakte oder In-Person Calls,

  • Remote Calls oder Videokonferenzen,

  • Veranstaltungen und

  • Phone Calls,

  • Rep Triggered E-Mail inklusive Einwilligungserfassung,

  • Fax

stellen sowohl althergebrachte Kontaktarten dar wie auch Moderne und Digitale.

Neben den grundliegend vorhandenen demografischen Daten und den reinen Aktivitätsdaten werden aber auch alle anderen Datenarten in einem CRM System erfasst und abgebildet. Um nur einige Beispiele zu nennen:

  • Geografische Daten, z.B. durch Stammdatenänderungen
  • Technografische Daten, wie:
    • Teilnahme an Remote Calls mittels eines Browsers oder unter Verwendung bestimmter Apps, wie z.B. Veeva Engage
  • Aufgezeichnete Fragen des HCP in Approved Notes oder Compliant Chat bei Remote Calls oder Online-Events, sofern genutzt
  • Psychografische Daten , z.B. in Form von
    • Feedback zu einzelnen CLM-Präsentationsfolien und Kernbotschaften
    • Öffnen von erhaltenen Rep Triggered Emails
    • Klick auf Links in Rep Triggered Emails
    • Medizinischen Anfragen, die Rückschlüsse auf das Verordnungsverhalten, aber auch auf Interessen des HCP zulassen
    • Einschätzung und Erfahrung des Außendienstmitarbeiters oder MSL zu bestimmten Fragestellungen

 

Mitunter lassen sich einzelne Daten auch verschiedenen Datenarten zuordnen, bzw. erlauben entsprechende Rückschlüsse. So informiert mich die Teilnahme eines HCP an einem Remote Call zum einen darüber, dass eine digitale Affinität vorhanden ist. Zum anderen gibt die Einwahl des Kunden aber auch Auskunft darüber, dass er den Kanal Remote Call als wertvolle Alternative zu anderen Kanälen versteht und dass er seine Zeit gerne flexibel und produktiv nutzen möchte.

Bevor wir uns das nächste in Frage kommende System anschauen, möchte ich noch einmal kurz auf den Aspekt der Einschätzung bzw. Erfahrung des Außendienstes oder MSL zurückkommen.

Die Beobachtungen der direkten Ansprechpartner des HCP sind ungemein wertvoll, weil diese unmittelbar durch die Kundeninteraktionen gewonnen werden. Offen geäußertes Feedback zu präsentierten Inhalten, einzelnen Beiträgen aus Rep Triggered Emails oder Teilnahmen an Veranstaltungen sowie die hiermit in Verbindung gebrachten Schlussfolgerungen sind als sogenannte Insights nur durch die genannten Personengruppen zu erhalten.

Dennoch muss ein Life Sciences Unternehmen darauf achten, dass die digitale Speicherung solcher Insights mit bestehenden Datenschutzregelungen konform gehen. Schließlich muss auch ein Verstoß gegen die eigenen Compliance-Vorschriften und die Code-of-Conduct-Richtlinien des FSA, vfa oder eines anderen Verbands, dem man sich angeschlossen hat, vermieden werden. Lösungen wie Approved Notes oder Compliant Chat können hierbei unterstützen.

Campaign Management System

Ein im Rahmen einer Omnichannel-Strategie eingesetztes System, wie Marketo, Adobe Campaign oder die Salesforce Marketing Cloud, erlaubt als Teil des Customer Journey Managements die Planung, Durchführung und Auswertung von E-Mail-Marketing-Kampagnen.

In diesen Systemen müssen entsprechend demografische Daten über die HCPs vorhanden sein, aber auch Aktivitätsdaten in Form der E-Mail-Adressen und dazugehörigen Opt-Ins, also den Einwilligungen der Kunden, ihre E-Mail-Adressen auch verwenden zu dürfen. Auch hier sind die weiteren erfassten Daten grundsätzlich in verschiedene Datenarten unterteilbar.

Das Öffnen einer solchen E-Mail sowie das Klicken auf einen Link in der E-Mail, der darauf erfolgende Aufruf einer Website und die Verweildauer auf dieser sind sowohl technografische wie psychografische Daten und erlauben wiederum entsprechende Schlussfolgerungen in Bezug auf Interessen, Surfverhalten und Zeiten, zu denen sich ein HCP mit Themen der vermittelten Art beschäftigt.

Order Management System / ERP System

Systeme, über die Bestellungen von HCOs z.B. im CHC und OTC-Bereich eingegeben, aber auch ERP Systeme, bei denen Direktverkäufe erfasst werden, liefern wertvolle Aktivitäts- und Verhaltensdaten darüber, was die HCOs in welchen Mengen, Zeiträumen und Chargen bestellt haben. Zudem geben sie Auskunft über Bestellungen, die nur im Rahmen entsprechender Aktionen getätigt wurden, den HCOs gewährte Rabatte, die Zahlungsmoral und ob der Besteller einzeln auftrat oder als Teil einer Einkaufsverbundes, wie dies Apotheken regelmäßig tun.

Entsprechend kann dann auch ausgewertet werden, welche HCOs zu diesem Verbund gehören, um Netzwerke und Abhängigkeiten zu erkennen. Diese Daten können erneut weiteren Datenarten zugeordnet werden, z.B. geografische Daten in Bezug auf die Verteilung der HCOs innerhalb eines Einkaufsverbunds, aber auch psychografischen Daten hinsichtlich des Einkaufsverhaltens.

Nahm das Bestellvolumen zu oder ab? Wurden Bestellungen immer nur im Rahmen von Angebotsaktionen getätigt? Und in Bezug auf im ERP-System erfasste Direktverkäufe: welchen Anteil machten Ex Factory, Base oder Market Sales Verkäufe aus?

Events- und Contract-Management System

Für die Abbildung von Prozessen im Events- und Contract-Management kommen sowohl Systeme in Frage, die alles können, wie z.B. Cvent oder auch unterschiedliche Systeme, die nur Teilprozesse abbilden und entsprechend orchestriert werden, wie z.B. eine Kombination aus

  • Cvent für das Management von Veranstaltungsorten und den Einladungen der Teilnehmer,

  • einem gängigen CRM-System für das Management des Gesamtprozesses,

  • einer Lösung für Ausgaben und Spesen wie Concur und

  • einem System für die Verwaltung entsprechender Verträge, wie Adobe Sign oder DocuSign

In jedem Fall werden die vorhandenen demografischen, Aktivitäts- und Verhaltensdaten genutzt, um Veranstaltungen zu planen, zu genehmigen, zu organisieren und zu dokumentieren, sowie um HCPs als Vertragspartner mit ihren Stunden- und Tagessätzen und den Verträgen zu verwalten. Die hierbei gewonnen Daten sowohl bzgl. der Teilnehmer wie der beauftragten Referenten, Moderatoren oder Berater geben Aufschluss über alle weiteren Datenarten, insbesondere jedoch über psychografische Daten wie z.B.

  • Wer referiert zu welchem Thema und warum?

  • Welche HCPs interessieren sich dafür?

  • Wer geht zu einer onsite, remote oder hybriden Veranstaltung?

  • Von wo kommen die eingeladenen HCPs bei einer onsite Veranstaltung?

  • Wer stellte welche Fragen und wer gab die Antworten?

  • Welche Sogwirkung haben bestimmte Referenten und Teilnehmer auf andere HCPs?

 

 

Nachdem wir uns zum einen angeschaut haben, welche Datenarten es gibt und zum anderen in welchen Systemen diese erfasst und abgebildet werden, kommen wir nun zur letzten Frage dieses Beitrags.

Wie können die Daten für das Customer Engagement vorbereitet werden?

Wie wir gesehen haben, werden Kundendaten in unterschiedlichen Systemen erfasst, selbst in solchen, die gar nicht primär dafür gedacht sind. Dazu gehören z.B. Web- und Mailserver, die insofern Kundendaten erfassen, als dass über sie Inhalte an die Kunden geleitet bzw. diesen zugänglich gemacht und ggf. stattgefundene Reaktionen wie Öffnungs- und Klickraten getrackt werden. Um das Customer Engagement für die HCPs zu bewerten, müssen die Daten in einem System zusammengeführt werden. Hierfür kommen verschiedene Ansätze in Frage.

Die Zusammenführung kann in einem Data Warehouse oder Data Lake vorgenommen werden. Es kann ein eigens hierfür eingeführtes Master Data Management System (MDM) zum Einsatz kommen, aber auch das CRM-System selbst kann hierfür genutzt werden. Schließlich kommt auch eine sog. Customer Data Platform (CDP) in Frage. Der Vorteil einer solchen Zusammenführung, z.B. in einer CDP liegt darin, dass die Daten bei der Transformation gematcht, verschmolzen, de-dupliziert, bereinigt und angereichert werden können, um ein vereinheitlichtes Kundenprofil zu erhalten. Solche Kundenprofile, auch Golden Records genannt, ermöglichen eine vollständige Sicht auf den HCP, inklusive jedem Touchpoint und, im Falle von HCOs, jeder Transaktion.

Customer Data Management Lösungen sind der Schlüssel, um optimierte Marketing und Sales-Prozesse zu ermöglichen. Dabei müssen die Lösungen, wie schon beschrieben, Daten aus anderen Systemen, wie eCommerce Platforms, Websites, CRM-Systemen und weiteren Appsextrahieren, um sie im Anschluss in ein Format zu überführen, das viele Business Units und Abteilungen von Life Sciences Unternehmen, allen voran das Marketing-Team, nutzen können.

Bei der Verbindung aller beteiligter Systeme ist es auch wichtig, dass neben den Schnittstellen auch Links von den Satellitensystemen in die Customer Data Management Lösung als dem führenden System gesetzt werden, die nicht nur den Datenfluss regulieren, sondern auch eine Navigation für Enduser mit entsprechender Berechtigung ermöglichen.

Bevor wir uns weiter mit dem Zusammenspiel aller beteiligten Systeme beschäftigen, werden wir uns zunächst dem Thema widmen, mit welchen Daten ein Life Sciences Unternehmen am HCP sichtbar machen kann, dass dieser engagiert ist.

 

Über mich
Hallo, ich bin Alexander Fiedler. Als Customer Engagement-Experte habe ich über die vergangenen 22 Jahre vielfältige Erfahrungen im Bereich Customer-Relationship-Management und Customer Engagement in der Life Sciences Branche gesammelt. Ich freue mich darauf, Ihnen in einem persönlichen Gespräch einen Einblick zu geben, wie Sie zukünftig Engagement Erfolge erzielen können.

 

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