Hannover, 22.05.2023
In meinem vorherigen Beitrag bin ich darauf eingegangen, welche Daten grundsätzlich für das Customer Engagement relevant sind und wie man erkennen kann, ob ein HCP engagiert ist und eine Bindung zum Life-Sciences-Unternehmen verspürt.
Nach dieser ersten Einführung in das Thema werde ich heute detaillierter auf mögliche Customer-Engagement-Daten eingehen, die mithilfe des CRM-Systems Veeva gesammelt werden können.
Je nachdem, welche Kanäle ein Life-Sciences-Unternehmen nutzt, um mit HCPs zu interagieren, stehen unterschiedliche Quellen für die Datensammlung zur Verfügung. Die Wahl der Kanäle hängt davon ab, ob eine Multichannel-, Omnichannel- oder bereits eine Unified-Commerce-Strategie verfolgt wird.
Schaut man sich Veeva CRM als System an, mit dem ein Großteil der Kanäle der unterschiedlichen Strategien mittels vertrieblicher oder medizinischer Reps abgebildet werden können, so sprechen wir grundsätzlich über die folgenden Kanäle:
- Besuche vor Ort beim HCP
- Telefon
- Videokonferenzen
- Veranstaltungen
- Fax (mit Einschränkungen)
Im Folgenden werden wir uns die einzelnen Kanäle etwas genauer anschauen, um zu verstehen, welche von ihnen relevante Daten für das Customer Engagement liefern können.
Warum werden HCPs vor Ort besucht?
HCPs empfangen Außendienstmitarbeiter aus Vertrieb und Medizin. Dieser Kanal ist tradiert und wird nach wie vor von beiden Seiten favorisiert. Das Alter des HCP und des Sales Reps, um bei diesem Beispiel zu bleiben, sind nicht allein verantwortlich für die Favoritenrolle. Vielmehr kommt es bei der Nutzung des Kanals „Besuch“ auf kulturelle sowie regionale Aspekte an.
Darüber hinaus geht es für viele Sales Reps immer noch primär darum „das Weiße im Auge des Arztes“ zu sehen, also um den unmittelbaren physischen Kontakt, z.B. bei den alltäglichen Ritualen wie ein Handschlag bei der Begrüßung. Für viele HCPs stellt der Besuch durch den Rep hingegen eine Form der Wertschätzung dar, die sie nicht missen möchten, insbesondere wenn die Besuche regelmäßig erfolgen.
Dabei können im Rahmen eines Besuchs folgende Daten dokumentiert oder erfasst werden:
All diese Informationen können in einem klassischen Veeva CRM Besuchsbericht abgebildet und im Anschluss ausgewertet werden.
Hierbei möchte ich einen Aspekt ganz besonders hervorheben: die Vermittlung von Kernbotschaften. Um einen wichtigen HCP an sich zu binden, durchlaufen Kunden in der Regel verschiedene Phasen innerhalb der Customer Journey, wie wir es schon in unserer separaten Blog-Reihe beschrieben haben. Damit z.B. ein Arzt den Namen des Produkts erstmalig auf ein Rezept schreibt, muss dieser zuvor den Nutzen für den Patienten erkannt haben. In der Regel geschieht dies durch die Verwendung von Kernbotschaften oder Key Messages.
Allerdings wird hierbei nicht nur die Botschaft vermittelt, sondern auch mit verschiedenen Argumenten untermauert und die Reaktion des Kunden im Ergebnis dokumentiert. Dies kann auf verschiedene Art und Weise geschehen, wie z.B. durch die Auswahl entsprechender Botschaften, Argumente und Reaktionen aus Auswahllisten, die im Besuchsbericht angeboten werden.
Ergänzend ist es möglich statt diverser Listen ein Set an geeigneten Folien als Teil einer digitalen CLM-Präsentation zu verwenden auf denen die Reaktion des Kunden zur Kernbotschaft oder dem jeweiligen Argument festgehalten werden kann. Schließlich sind aber auch Mischformen denkbar.
Die auf diese Weise gewonnenen Daten erlauben vielfältige Rückschlüsse:
- auf die Sicht des HCP auf das Produkt und das Unternehmen
- auf die Qualität der Materialien in Bezug auf den Grad an Überzeugung der mit ihnen erreicht werden kann,
- sowie auf die Form der Gesprächsführung durch den Sales Rep
Hiermit lässt sich feststellen, dass ein Besuch vor Ort eine Vielzahl von Interaktionen und Informationen bietet und als Kanal für den Außendienst sehr attraktiv ist, denn „man erschlägt viele Fliegen mit einer Klappe“. Zudem ist dieser Kanal gerade deswegen so wichtig, weil über ihn die ca. 30% an HCPs erreicht werden können, die aus verschiedenen Gründen kaum oder gar keine digitalen Kanäle nutzen.
Grundsätzlich sind Life-Sciences-Unternehmen gut beraten, weiterhin auf den Kanal F2F-Kontakt zu setzen, um Neuigkeiten zu verbreiten und den HCPs oder Patienten Services anzubieten. Die Mehrheit der Kunden ist es gewohnt, auf diese Weise betreut zu werden, und es darf nicht vergessen werden, dass es unter diesen Kunden nicht wenige wichtige Meinungsbildner gibt, die einen Einfluss auf ihr Netzwerk an HCPs nehmen können.
Zugleich mussten Life-Sciences-Unternehmen lernen, dass HCPs insgesamt restriktiver im Umgang mit ihrer Zeit umgehen und Sales Reps nicht mehr uneingeschränkt Zugang zu ihren Räumlichkeiten bieten. Für Begriffe wie „Terminarzt“ oder „Zugangsbeschränkung“ müssen sinnvolle Konzepte entwickelt werden, um Kontakte mit den HCPs realisieren zu können.
Welche Chancen bieten E-Mails?
Neben dem Präsenzkontakt bildet ein E-Mail-Kontakt eine aus vielerlei Gründen attraktive Alternative; denn E-Mails zu schreiben ist
- mit wenig Zeitaufwand realisierbar
- ist ökonomisch sowie nachhaltig
- und bietet die Chance, viele Informationen über den HCP zu erhalten
Außerdem ist der Zeitpunkt des E-Mail-Schreibens unabhängig davon, ob der Kunde gerade online oder offline ist. Entsprechend kann der HCP die E-Mail lesen, ohne dass der Sales oder Medical Rep gerade vor dem Rechner sitzt oder das Tablet in Händen hält.
Bevor der E-Mail-Kanal genutzt werden kann, müssen zunächst folgende Fragen geklärt und Parameter definiert werden:
- Wie kann die Einwilligung des HCP zur Verwendung seiner E-Mail-Adresse eingeholt werden?
- Werden E-Mails ausschließlich über MS Outlook oder über Veevas Approved E-Mail versandt oder kann es eine Kombination aus beiden Programmen geben?
- Gibt es ausreichend Content, insbesondere für Approved E-Mail geeignete E-Mail-Vorlagen, die genutzt werden können und die Antworten auf viele Fragen von HCPs bieten?
- Sind versendete E-Mails gleichwertig oder werden sie in Relation zu anderen Kanälen angemessen gewichtet? Reduzieren sich die Vorgaben in Bezug auf Besuche oder Videokonferenzen mit HCPs entsprechend oder sind sie, aus der Sicht des Außendienstes, bloße Mehrarbeit?
Sind diese Fragen beantwortet, so bietet der Kanal E-Mail vor allem über die Funktion Approved E-Mail aus Veeva CRM viele Möglichkeiten, um Daten über den HCP und seine Interessen zu gewinnen, wie:
- Wer hat dem HCP, wann, welche Approved E-Mail und mit welchen Inhalten geschickt?
- Wurde die Approved E-Mail geöffnet und wann?
- Wurde in der Approved E-Mail auf einen oder sogar mehrere Links geklickt? Auf welchen Link genau?
- Wurde mehrfach auf einen Link geklickt?
- Hat der HCP auf die Approved E-Mail reagiert und kam es zu weiteren Approved E-Mails mit weiteren Kernbotschaften und Informationen?
- Hat der HCP auch Interesse an Newslettern zu verschiedenen Themen?
Hat das Life-Sciences-Unternehmen die Einwilligung des HCP zur Verwendung seiner E-Mail-Adresse erhalten, so bietet sich als weiterer Kanal die Videokonferenz bzw. der Remote Call an, da die Einladung zur Einwahl per E-Mail zugestellt wird.
Welche Informationen gewinnt das Life-Sciences-Unternehmen aus Remote Calls?
Die COVID-19-Pandemie hat die Durchführung von Remote Calls mit HCPs mit Tools wie Veeva Engage (das vollständig in Veeva CRM integriert ist) stark erhöht. Mit dem Auslaufen der Pandemie und der Rückkehr zum gewöhnlichen Alltag wird dieser Kanal in vielen Ländern immer weniger genutzt. Die Gründe für die schwindende Attraktivität sind vielfältig und müssen auf beiden Seiten, bei HCPs und Sales Reps, gesucht werden. Auf diese Ursachen werden wir zu einem späteren Zeitpunkt konkreter eingehen.
Als Sales Rep erhalte ich dieselben Informationen und kann grundsätzlich auch dieselben Aktionen durchführen, wie beim Vor-Ort-Besuch, allerdings in weniger Zeit und mit weniger Ressourceneinsatz. Selbst eine Musteranforderung stellt mittlerweile kein Problem dar, da die Unterschrift des HCP remote erfasst werden kann.
Darüber hinaus kann inzwischen auch ein sogenannter Compliant Chat mit im Remote Call abgebildet werden, sprich die dokumentierte Kommunikation zwischen HCPs und Sales Rep, bestehend aus Fragen, Antworten und Kommentaren. Allerdings werden dabei bestimmte Begriffe und Äußerungen bereinigt, die Compliance-Vorgaben widersprechen. Hinzu kommt auch, dass der Remote Call als Kanal genutzt werden kann, um nicht nur 1:1, sondern auch 1:few oder gar 1:many Gespräche zu führen. Aus diesem Grund ist dieser Kanal unter anderem auch für das Veranstaltungsmanagement interessant.
Welche Daten erhalte ich aus Veranstaltungen?
Unabhängig von der Grundmotivation, warum Life-Sciences-Unternehmen auf der einen Seite Fortbildungsveranstaltungen für HCPs unterstützen oder eigenständig durchführen und warum HCPs auf der anderen Seite daran teilnehmen wollen, bietet eine Veranstaltung, zu der ein Kunde kommt, immer eine Chance, um zusätzliche Informationen über
- seine Fragen
- die Themen, die ihn interessieren und beschäftigen
- den Kreis von Kolleg:innen, mit denen er verkehrt
zu gewinnen. Oftmals ist es aber auch der einzige Weg, um einen HCP häufiger zu treffen als nur in der HCO, in der er tätig ist.
Ob der HCP dabei in Präsenz erscheint, remote an der Veranstaltung teilnimmt oder sich sogar nur per Telefon einwählt – all diese Optionen stellen eine wichtige Information in Bezug auf seine Präferenzen dar und vereinfacht ggf. die Planung weiterer Kontakte.
Ein Beispiel: Ich habe einen weiteren Kanal erschlossen, wenn ich die Telefonnummer des HCP habe und sie auch verwenden darf (selbst, wenn ich die Telefonnummer nur zur Terminabsprache verwendet habe).
Das Telefon – ein wertvoller Kanal?
Es ist seit jeher üblich für Sales Reps und MSL, den HCP per Telefon oder Mobiltelefon zu kontaktieren. Im Allgemeinen diente dieser „Kanal“ zur Terminabsprache oder zur Beantwortung von Fragen des HCP. Allerdings wurden diese Kontakte in der Vergangenheit regelmäßig nicht im CRM-System abgebildet, da sie nicht als vollwertiger Kontakt gewertet wurden. Die damit verbundene administrative Tätigkeit wurde folglich vermieden.
Erst durch die Pandemie fand ein Umdenken statt. Während der Lockdowns oder Zeiten in denen HCPs generell keine Reps empfangen haben, war das Telefon, neben der E-Mail und den zunehmend öfter durchgeführten Remote Calls der einzige Kanal, der von HCPs und Reps akzeptiert wurde.
Das Telefongespräch wurde bereits etabliert, um sich in Bezug auf Fragen des HCP, sowie Neuigkeiten zu Produkten und Therapieansätzen für verschiedene Kasuistiken auszutauschen. Mit dieser Aufwertung des Telefons als Kanal ging einher, dass viele Life-Sciences-Unternehmen die Reps aufforderten, die Kontakte und Inhalte für den Kanal Telefon in Veeva CRM zu dokumentieren, um zusätzliche Informationen zu erhalten.
Das Fax – technisch überholt, aber oft alternativlos
Zahlreiche Life-Sciences-Unternehmen, die in den Bereichen OTC, CHC oder Medizintechnik tätig sind, sind nach wie vor auf das Fax angewiesen. Das liegt daran, dass viele HCOs, wie z.B. Apotheken, nur eingeschränkt über einen Internetanschluss verfügen.
Aus diesem Grund laufen einige Bestellprozesse immer noch über das Fax. Auch die Ankündigungen des Außendienstes über bevorstehende Besuche oder Rabattaktionen, die beworben werden, erfolgen regelmäßig über das Fax.
Ob diese Informationen dann ebenfalls in Veeva CRM abgebildet werden, hängt natürlich von der individuellen Konfiguration ab, aber auch davon, ob der Sales Rep zusätzliche Kontakte dokumentiert und das Fax als Kanal dabei auswählt.
Umfassenderes Kundenbild durch die Verwendung diverser Kanäle
Zusammengefasst können wir feststellen, dass die Nutzung zusätzlicher Kanäle neben dem Vor-Ort-Besuch zu einer deutlich höheren Informationsdichte führt. Diese Informationen können im Nachhinein analysiert werden, um zu beurteilen, ob ein Kunde engagiert ist und ob das Kundenengagement erfolgreich war.
Dass all diese Kanäle grundsätzlich in CRM-Systemen wie Veeva CRM genutzt werden können, erleichtert dem Sales Rep sowie dem MSL unweigerlich die Arbeit bei der Planung, Dokumentation und Analyse von Informationen, auch durch weitere Endanwender, wie z.B. dem Management, Salesforce Effectiveness oder Commercial Excellence, Marketing und Medizin.
Damit ist der Grundstein für eine Betrachtung weiterer Kanäle gelegt, die nicht in Veeva CRM abgebildet, dennoch ebenso wichtig sind.
Bevor wir uns diesem Thema zuwenden, werde ich jedoch zunächst einen tiefergehenden Einblick in den Kanal Remote Call geben und aufzeigen, warum dieser Kanal, trotz der Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen, so wenig Beachtung findet.
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